Beschwingte Muse mit Hindernissen

Weshalb die schönsten Arien aus beliebten Stücken im Stadtberger Bürgersaal zu einem Wagnis wurden

Stadtbergen Von der „Lustigen Witwe“ bis zum „Land des Lächelns“ – im Bürgersaal hat die beschwingte Muse Einzug gehalten und es war glanzvoller „Operettenzauber“ mit dem Gesangsduo Stefan und Leona Kellerbauer angesagt. Doch dann kam alles anders als geplant.

Der Tenor betrat angeschlagen die Bühne und verkündete mit leiser Stimme, dass bei ihm und seiner Partnerin die Erkältung Einzug gehalten hatte. „Wir haben jetzt Ausnahmezustand“, verkündete er wahrheitsgemäß und dennoch nicht ohne Charme. Doch, statt den bunten Liederabend abzusagen, beabsichtigte Kellerbauer, das nahezu Unmögliche in Angriff nehmen: trotz alledem aufzutreten und zusammen mit der kurzfristig eingesprungenen Doris S. Langara den Gästen ein Konzerterlebnis zu bieten.

Mit einem zuversichtlichen Blick auf die Sopranistin gestand er wagemutig: „Wir haben noch niemals zusammen geprobt. Alles ist real und wir leben das jetzt gemeinsam durch!“ Und mit dem „Feuersturm der Reben“ von Johann Strauß begann vor einer mediterran angehauchten Kulisse dieses ungewöhnliche Ausnahmekonzert, welches unerwartet voluminöse Operettenklänge entfaltete. Kellerbauer gab trotz Krankheit merklich sein Bestes und das Zusammenspiel der beiden Gesangskünstler funktionierte tatsächlich reibungslos.

Kraftvoll und emotionsgeladen erhoben sich die musikalischen Schwingen der „Fledermaus“, im dunklen Kutschermantel wurde Franz Lehárs wehmütiges „Wolgalied“ aus dem Zarewitsch interpretiert. Viele nette Einfälle umrahmten den klassischen Melodienteil des Programms: Langara brillierte beispielsweise mit der „Christel von der Post“ und wie es sich für eine pikante Postbotin gehört, fand ihr neckisches Treiben auch mitten im Publikum statt.

In der Pause waren dann schon zahlreiche positive Publikumsstimmen zu hören: „Die ist ja sensationell!“ Im zweiten Teil schlich sich dann mit Lehárs „Giuditta“ erst einmal tragisches Moll in den Vordergrund, wobei sich der Tenor als wahrer Gentleman verdingte und rote Rosen im Publikum verteilte.

Zwischen Schwalben- und Engelsduett schob sich noch frech der „Herr Marquis“ ins Repertoire mit ein und beim „Land des Lächelns“ begann schließlich das ganze Publikum in den Gesang mit einzustimmen. In der Tat wirkte Kellerbauer ein wenig angeschlagen, doch er bewies in bester Weise, dass er selbst in einem solchen Zustand das Singen beherrscht und auch niemals seinen charmanten Humor verliert. Es gehörte zudem allerhand Mut dazu, sich ohne zu proben, spontan einer neuen Sopranistin anzunehmen, die sich ebenfalls als brillant erwies. „Vielen Dank, dass Sie mich so kräftig unterstützt haben“, rief der Tenor am Ende den Besuchern freudestrahlend zu, „und ich hoffe, dass ich jetzt niemand angesteckt habe!“ Doch trotz all der Umstände hat an diesem Abend das Operettenfieber durchaus seine ansteckende Wirkung entfaltet.

Von  Thomas Hack

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