Es weihnachtet wieder allerorten. Die Münchener Bühnensänger Leona und Stefan Kellerbauer laden zu einer Weihnachtsgala im intimen Ambiente der Gärtringer Villa ein. Vom klassischen Bravourstück bis zum Swing-Chanson ist alles mit dabei, was es zu einer vorweihnachtlichen, musikalischen Bescherung braucht. Der Sopran Leona Kellerbauers erweist sich als wahres Himmelgeschenk.
Rüdiger Schwarz
Profis überlassen nichts dem Zufall, von der Bühnendekoration aus strahlend roten Tüchern über die mit goldenen Glitzerpailletten besetzte Abendrobe bis zur Nikolausmütze sind alle Zutaten für so ein Weihnachtskonzert bis ins Detail aufei-
nander abgestimmt. Am Klavier nimmt selbstredend auch nicht irgendwer, sondern mit der aus Dallas stammenden Pianistin Pamela Stout eine renommierte Meisterin ihres Faches ihren Platz ein. Ob Klassik, traditionelle Volksweise oder Swing-Titel, das Trio setzt auf Bewährtes, um es zuweilen in weniger bekannten Arrangements anzureichen. Da wird etwa Bachs populäres Air aus der Suite Nummer drei in D-Dur mit der Salzburger Volksweise „Still, still, still, weil’s Kindlein schlafen will“ und einem Hauch „O holy Night“ verwoben. Das von Jay Althouse geschriebene Choral-Arrangement „Still a Bach Christmas“ gerät zum traumhaft schönen, sanft und sacht berührenden Duett. Leona und Stefan Kellerbauer legen in Sopran-, respektive Tenorstimme ein innig-empfindsames und schlafwandlerisch verträumtes Timbre. Im weiteren Verlauf geben sich klassische Sakralwerke von Mozart, César Franck und Charles Gounod die musikalische Klinke an die Hand. Beim „Alleluja“ aus Mozarts Motette „Exsultate, jubilate“ spielt Leona Kellerbauer ihre virtuose Soprankunst aus. Der versierten Sängerin gelingen die jubilierenden melismatischen Koloraturen strahlend, ja funkensprühend und doch scheinbar so schwerelos schwebend. So verströmt diese Jubelarie eine astrale Aura von kristallklarer, lichtvoller Kraft. Hymnisch, sehr zartfühlend und mit leicht bittersüßem, sehnsuchtstrunkenen Schmelz flutet ein „Panis Angelicus“ von César Franck himmelwärts. Der mit Engelszungen gesungene Sopran Leona Kellerbauers und der warme, wohltemperierte Tenor von Ehemann Stefan Kellerbauer schmiegen sich wohltuend harmonisch ineinander. Mit einem „Ave Maria“ von Charles Gounod und dem „Laudate Dominum“ aus den „Vesperae solennes de Confessore“ von Mozart erklimmt man den Gipfel beseelt-vergeistigter Entrücktheit und kontemplativer Innigkeit. Wo, wenn nicht in dieser balsamischen Klangschönheit, ist die Verheißung von Weihnachten zum Greifen nah, man kommt zur Ruhe und zur Besinnung, man schließt die Augen, lässt los, kehrt heim zu sich selbst und ein Stück weit ins Paradies. Dann schlägt die Stunde für Stefan Kellerbauer, seinen Tenor und seine Trompete. Es ist Zeit für Filmmusik aus dem monumentalen Drama „Exodus“, in dem Regielegende Otto Preminger die Gründung des Staates Israel in Szene setzte. Das vom Filmmusikkomponisten Ernest Gold geschriebene Lied vom fernen Land, der „Exodus-Song“, ist längst zum zeitlosen Klassiker geworden. So heben Kellerbauers Trompete und hernach sein Tenor wehmütig und hoffnungsvoll zugleich an.
Euphorische Weihnachtsstimmung
Während die beiden Sänger „Joy to the World“ und „Tochter Zion, freue dich“ von Georg Friedrich Händel lobpreisende und glückselig-inbrünstig Klangschwingen verleihen, für eine euphorische Weihnachtsstimmung sorgen, gerinnt ein „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ zu liebreizenden und verletzlichen Weihnachtsgefühlen. Weihnachten ist bekanntlich beides – überschwängliche Freude und zarte Liebkosung. Weihnachten swingt aber auch und dies bekanntlich am besten mit amerikanischen Klassikern der ausgehenden Jazz- und Swing-Ära um 1940. Stefan Kellerbauer stülpt seiner Trompete kurzerhand einen Dämpfer über, um für einen markanten und doch sanften Jazz-Sound zu sorgen.
Beschwingte Weihnacht, das sind an diesem Abend das sentimentale, fingerschnipsende „I’ll be home for Christmas“, das melancholische, nonchalante „Have yourself a merry little Christmas“ und das amerikanische Weihnachtslied schlechthin: „White Christmas“. Mag bei all den amerikanischen Evergreens eine gefühlte Prise Musicalflair aufkommen, bei der deutschen Version von „Winter Wonderland“ gar mit einer operettenhaften Note, bringt ein Schlager-Chanson von Udo Jürgens die zutiefst mitmenschliche und politische Vision der Weihnachtsbotschaft zu Gehör. „Ich glaube“ veredeln die Sopranistin und der Tenor zur nachdenklich stimmenden Schlager-Arie.
Zwischen den Gesangstücken erweist sich Stefan Kellerbauer als vortrefflicher Erzähler. Er nimmt am Lesetischchen Platz, erzählt die traurig-schöne Geschichte vom kleinen Mädchen mit den Schwefelhölzchen und humoresk-familiäre, anarchisch-anekdotische Weihnachtskindheitserinnerung des Kabarettisten und Autors Toni Lauerer. Während sich Pamela Stout auf die Kunst der dezenten Klavierbegleitung versteht, hat Stefan Kellerbauer zuweilen mit dem Klang seiner Trompete zu kämpfen. Das bleibt jedoch der einzige kleine Wermutstropfen einer insgesamt gelungenen und ansprechenden Darbietung.