Für kunstsinnige Genießer war die Osterfreude wohl beglückend wie selten zuvor. Zumindest, wenn sie den Weg in Sonthofens Kulturwerkstatt genommen hatten. Auf gediegene Gaumenschmeicheleien setzten Leona und Stefan Kellerbauer ein klangvolles Sahnehäubchen mit ausgewähltem Liedgut aus dem Land, das uns mit Musikkultur wie Küchenkunst gleichermaßen zu begeistern vermag. Die Verbindung von italienischen Arien mit traditionellen Schmakerln geriet bei Monika Bestle – im Gegensatz zu manch anderen Veranstaltungen anderorts – nicht zum Versuch, durch Doppelung von mäßigen elementen ein gelungenes Ganzes zu schaffen und auch nicht zum Pseudospektakulären Event. Der Abend war die schlichte Kombination von zwei Sinnenreizen, mit der kleinen thematischen Klammer Italien und der wichtigen Tatsache, dass die Parts der Küche und der Künstler, schon getrennt „serviert“, hohen Genuss bedeutet hätten. Freude für Gaumen und Gehör – ein gesteigerter Sinnenreiz, gerade auch weil Speisen und Hören sorgsam in Abfolgen geboten worden sind. Die Sängerinnen und Helden des Opernfachs wirken gelöst von ihrer Bühne nicht selten blass, wenn Raum, Kulisse und Kostümpracht fehlen, das Orchester konzentriert ist auf ein Klavier. Leona Kellerbauer und Partner Stefan haben offensichtlich Übung in der Oper konzertant und dazu sichtbare Freude an der reduzierten Form des Musiktheaters. Perfekt meistern sie den schmalen Grat, die hohe Dramatik des Geschehens im bescheidenen Rahmen wirken zu lassen, die vielen Farben der Stimme in der Beschränkung zum Blühen zu bringen. Geschickt loten sie aus, wie viel Koloratur und Kraft die werkgerechte Wiedergabe braucht, wie viel Selbstbeschränkung der besondere Platz gebietet. Dabei hatte das renommierte Duo bei der italienischen Osternacht mehr geboten als kleine Kanzonetten oder unverbindliche Tafelmusik: Durchaus Gewichtiges wie die berühmte Arie der Margherita aus Arrigo Boitos „Mefistofele“ oder Duette aus Donizettis „Liebestrank“ und Verdis „Traviata“ erfüllten eindrucksvoll den Raum. Erhaben über jede Schwierigkeit der auch technisch anspruchsvollen Literatur und in geradezu genialer Übereinstimmung der Ergänzung Sopranstimme und Tenor, auffällig transparent die Textgestaltung, sehr angenehm die kleinen Gesten, die feine Illustration. Kammeroper mit der anrührenden Direktheit des Geschehens, mit dem sonst kaum möglichen echten Kontakt zum Künstler. Kammeroper mit dem unmittelbaren Aufnehmen der Gestaltungskunst von Komponist wie Interpret. Nicht zuletzt dank dem Mann am Klavier, Mikhail Berlin, dem stets aufmerksamen wie einfühlsamen Begleiter, der seinen internationalen Ruf mit instrumentalen Beiträgen unterstreichen durfte. Mille grazie a tutti!
von Christoph Pfister